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KOSMOS- Das Interview

Wenn man sich an den Kiosken umschaut, so sieht man, dass das Angebot an Zeitschriften- gerade für Mädchen- riesig ist. Wieso braucht es noch eine Zeitschrift ?

Mädchen lesen tendenziell mehr als Jungs, entsprechend gibt es tatsächlich ein grosses Angebot für Mädchen. Die Themen, die in Mädchenzeitschriften präsentiert werden, sind allerdings sehr einseitig. Prinzessinnen und Ponys im Primarschulalter, Schminktipps und Jungs im Teenie-Alter. Den Mädchen werden seit Jahrzehnten dieselben Rollenklischees übermittelt. Die Botschaft lautet immer: So musst du sein, damit du eine gute Freundin bist, damit die Jungs dich mögen, damit du gut aussiehst. Diese Rollenerwartungen wirken sich bis auf die Berufswahl oder auch auf das gesellschaftliche Verständnis der Mutterrolle aus.
Natürlich gibt es qualitativ sehr gute Wissensmagazine für Kinder. Die bilden allerdings den Status Quo der Gesellschaft ab, das heisst, die vorherrschenden Geschlechterrollen sind meist fest darin verankert. Mit KOSMOS wollen wir einen Schritt weitergehen und einen Wandel anregen. Wir wollen die Palette dessen, was Mädchen-Sein bedeutet, erweitern – und zwar gewaltig. KOSMOS behandelt in jeder Ausgabe ein Thema und beleuchtet es von unterschiedlichsten Seiten. Zum Beispiel dreht sich in der ersten Ausgabe alles um die Stimme. Von der politischen Stimme über die Gesangsstimme bis hin zum Wutschrei ist da alles dabei. Psychologie, Politik, Gesellschaft, Naturwissenschaft, Experimente, Kunstgeschichte, Zahlenrätsel: Wir nehmen die Mädchen ernst und trauen ihnen etwas zu.

Was unterscheidet das KOSMOS Magazin von anderen Zeitschriften?

KOSMOS ist für die Schweiz. Es erscheint sowohl auf Deutsch als auch auf Französisch. Ein Mädchen aus Neuenburg kann also via KOSMOS von einem Community-Projekt eines Mädchens aus Basel erfahren. Damit ist KOSMOS mehr als ein Magazin, es ist eine Überzeugung, eine Bewegung. Wir wollen nebst Unterhaltung und Wissensvermittlung dazu beitragen, dass eine Vernetzung entsteht zwischen Mädchen, Berufsfrauen, Eltern, Grosseltern, Forschung, NGOs und der breiten Öffentlichkeit. Wir haben extra einen Verein gegründet (https://www.kosmosmag.ch/mitglied-werden) mit der Absicht, mittelfristig über das Magazin hinaus etwas für Mädchen in der Schweiz zu tun, sei es in Form von Workshops, von Podiumsdiskussionen oder von anderen Aktivitäten. Wir freuen uns, wenn sich möglichst viele Menschen einbringen und dazu beitragen. KOSMOS ist nicht profitorientiert. Im Magazin selbst legen wir viel Wert darauf, dass es werbefrei ist. Dadurch kostet es zwar etwas mehr, dafür kriegen die Leserinnen 72 prallgefüllte Seiten Inhalt statt Werbeprodukte. Beim Material achten wir darauf, dass die Farben und das Papier für Mensch und Natur unbedenklich sind. Wir arbeiten hierfür mit einer Druckerei im Emmental zusammen, die nach dem Prinzip Cradle-to-Cradle produziert.

Nun ist es ja so, dass das KOSMOS Magazin nicht wirklich neu ist; in Polen gibt es die Zeitschrift schon etwas länger. Wie hat die Zeitschrift ausgerechnet den Weg in die Schweiz gefunden?

Richtig, KOSMOS entstand 2017 in Polen, als sich neun Frauen zusammenschlossen, um ein qualitativ hochstehendes Magazin zu kreieren, das den Mädchen zeigen sollte, dass ihnen die Welt offen steht und dass sie sich nicht durch Geschlechterstereotype einschränken lassen sollen. Was sie da auf die Beine gestellt haben, ist beeindruckend und zeigt, dass sie einen Nerv getroffen haben. Innert kürzester Zeit ist es ihnen gelungen, sich in einem schwindenden Zeitschriftenmarkt zu etablieren und eine Lobby zu schaffen für Mädchen in Polen. Der Gedanke, KOSMOS in die Schweiz zu bringen, blitzte erstmals auf, als Marta vor drei Jahren aus Polen in die Schweiz gezogen ist. Sie hatte das polnische KOSMOS für ihre Töchter abonniert und suchte nun nach einem ähnlichen Magazin, aber auf Deutsch. Doch sie fand nichts.

Wie muss man sich die Zusammenarbeit mit der polnischen Redaktion genau vorstellen?

Die Zusammenarbeit mit der polnischen Redaktion ist für uns ein Glücksfall. Wir profitieren sehr von deren Erfahrung, sowohl im Hinblick auf das Geschäftsmodell als auch im Hinblick auf die Inhalte. Die polnische Redaktion hat drei Jahre Vorsprung und viele Anfangsschwierigkeiten schon überwunden. Dank ihrer Ratschläge können wir einige dieser Stolpersteine hoffentlich ganz umgehen. Und dank ihrer Vorarbeit können wir mit verhältnismässig wenig Aufwand alle zwei Monate ein umfangreiches und fundiertes Heft herausgeben.

Wird der Inhalt der Originalausgabe eins-zu-eins übernommen oder gibt es auch Schweiz-spezifische Inhalte?

Die polnische Redaktion lässt uns hierbei freie Hand. Wir haben einen Lizenzvertrag abgeschlossen und können aus ihrem Fundus der letzten drei Jahre die aus unserer Sicht besten Ausgaben übernehmen. Wir übersetzen rund 50 Prozent einer Ausgabe aus dem Polnischen, und zwar die landesunabhängigen Inhalte, also Natur, Psychologie, Bastelanleitungen, Spiele … Die restlichen 50 Prozent erarbeiten wir neu. Das sind etwa Interviews mit Mädchen und Frauen aus der Schweiz oder gesellschaftliche Themen, die sich direkt aus dem Schweizer Alltag speisen. Wir wollen auch eine neue Rubrik schaffen, die sich spezifisch der Vermittlung von Wissen über den jeweils anderen Sprach- und Kulturraum widmet, die also eine Brücke über den Röstigraben schlägt. Für die neuen Inhalte arbeiten wir mit Expertinnen, Grafikerinnen und Illustratorinnen in der Schweiz zusammen.

Wie lange hat es gedauert von der Idee, dieses Magazin auch in der Schweiz zu verlegen, bis zur Umsetzung und wie viele Leute stecken hinter dem Projekt?

Vor etwa einem Jahr erzählte Marta erst Martina, dann mir von dem Magazin, und wir waren beide begeistert. Als die Schweiz im Frühling Corona-bedingt stillstand und unser Sozialleben auf Eis lag, packten wir die Gelegenheit: Wir holten Cyrielle an Bord, unsere Frau in der Romandie, und machten uns an die Arbeit. Seither haben wir mit zahlreichen Mädchen und Eltern gesprochen, mit MedienexpertInnen, Business-Coaches, mit BuchhändlerInnen, FrauenrechtsaktivistInnen, VerlegerInnen, MuseumspädagogInnen, BloggerInnen, GrafikerInnen, Stiftungen und so weiter. Wir haben einen Verein gegründet und eine Genossenschaft. Wir haben Fundraising betrieben. Wir haben eine Website kreiert. Und vor allem haben wir die erste Ausgabe erstellt, die wir hoffentlich bald drucken und vertreiben können.

Was macht euch sicher, dass das Magazin in der Schweiz gut ankommen wird?

Die Rückmeldungen unserer Testleserinnen sind richtig gut. Sie finden KOSMOS interessant, unterhaltsam, schön gestaltet und vor allem ermutigend. Die Eltern, denen die rosa-blaue Weltaufteilung möglicherweise noch stärker ins Auge fällt, schätzen die hohe Qualität und die Vielfalt der Inhalte. Viele Frauen schreiben uns, dass sie sich früher auch ein solches Magazin gewünscht hätten. Tatsächlich ist es so, dass wir den allermeisten Frauen, mit denen wir gesprochen haben, gar nicht erst im Detail erklären müssen, was die Ziele von KOSMOS genau sind – sie wissen intuitiv, was wir meinen, was wir mit KOSMOS erreichen wollen und dass es ein solches Magazin braucht. Denn sie erleben täglich, was es heisst, nur fast gleichberechtigt zu sein.

Und nun natürlich die wichtigste aller Fragen: ab wann ist das Magazin in der Schweiz erhältlich und wo kann man es kaufen?

Die erste Ausgabe ist bereit und wir wollen sie im Dezember herausgeben, pünktlich zu Weihnachten. Dafür sind wir aber noch auf einen finanziellen Startschub angewiesen. Zu diesem Zweck lancieren wir am 11. Oktober, am Welt-Mädchentag, ein Crowdfunding. Im Rahmen des Crowdfundings wird es erstmals möglich sein, die erste Ausgabe oder – besser noch – ein Jahresabo zu erwerben. Wir brauchen rund 400 Abonnentinnen, um loslegen zu können. Wenn der Start glückt, wird KOSMOS auf unserer Website erhältlich sein (www.kosmosmag.ch), als Abo oder als Einzelausgabe. Es wird auch in Buchhandlungen, in Bibliotheken und in ausgesuchten Museumsshops und Concept Stores erhältlich sein. Mehr Infos dazu werden wir auf unserer Website bekanntgeben.

Veröffentlicht am 11.10.2020

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