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Johanna Schaible: Es war einmal und wird noch lange sein. Hanser

«Vor Milliarden von Jahren formte sich das Land.» So beginnt das Buch von Johanna Schaible. Ein Satz, dazu ein ausdrucksstarkes, von dunklen Farben und Feuer dominiertes Bild. «Vor Millionen von Jahren lebten Dinosaurier lebten Dinosaurier auf der Erde.» Die nächste Doppelseite. Die Farben noch immer gedeckt, doch schon etwas heller, 5 Flugdinosaurier und der Hals eines weiteren Dinosauriers ist zu sehen. So nähern wir uns Seite für Seite in langsamen Schritten der Gegenwart. Das Seitenformat wird dabei immer kleiner, als wir im Jetzt angelangt sind, sind sie nur noch so gross wie die Seiten eines Pixibüchleins. Doch die ungewöhnliche, originelle und auch philosophische Geschichte ist noch nicht zu Ende. Vom Jetzt geht es weiter ins Nachher: «Wann stehst du morgen auf?» «Wo wirst du am Nachmittag sein?» So blicken wir weiter in die Zukunft, die Zeitabstände werden immer grösser, genau wie die Seiten wieder wachsen, bis sie schliesslich wieder Normalgrösse erreicht haben und wir zur letzten Frage gelangen. Dieses wunderbare Buch nimmt Kinder und Erwachsene in seinen Bann und spielt gekonnt mit Texten, Bildern und Formaten, um uns den Begriff der Zeit so gut als möglich näherzubringen und fassbar zu machen.

Flavia Ruotolo: In diesem Augenblick. Prestel.

Dieses Bilderbuch widmet sich auf originelle Art einem Thema, welches für Kinder nicht einfach zu verstehen ist: Der Tatsache, dass es verschiedene Zeitzonen gibt. Wenn wir also aufstehen, geht man in einem anderen Land schlafen, wenn wir Nachmittag haben, fängt in einem anderen Land der Tag erst an. Und so geht die Geschichte: die Ich-Erzählerin, ein Mädchen in Italien, will gerade ihr Eis abbeissen, als die Zeit stehen bleibt. Zeit in Genua: 17.33 Uhr. Genau in diesem Moment machen zwei Mädchen in Berlin (Zeit: 17.33) eine Vollbremsung mit ihrem Trottinett. Yaras Schwester hingegen schneidet Yara in den Pony (Zeit in Brasilien: 13.33) und Miguel entdeckt seine Lieblingsblume (Zeit in Mexiko: 10.33 Uhr) Wir werfen also einen Blick auf Länder in der ganzen Welt und schauen, was dort passiert, während die Ich-Erzählerin gerade ein Eis schlecken will. Was für uns eine lange Reise ist- sie dauert immerhin ein ganzes Buch lang – ist in Wirklichkeit natürlich nur ein winziger Augenblick… Eine witzige Idee, die verschiedenen Zeitzonen auch schon kleinen LeserInnen begreifbar zu machen. Hinten im Buch gibt es dann auch noch eine Weltkarte, auf der alle besuchten Orte eingezeichnet sind.

Bettina Obrecht/Julie Völk: Dann gehe ich jetzt, sagte die Zeit.

«Ein Zeitvertrieb, die Zeit totschlagen, Zeit ist Geld, Einen Wettlauf gegen die Zeit führen»… Es gibt zahlreiche Redewendungen und Sprichwörter zum Thema Zeit, manche sehen Zeit als etwas positives, manche als etwas negatives, etwas, das totgeschlagen werden muss. Bettina Obrecht und Julie Völk geben in ihrem philosophischen Bilderbuch der Zeit ein Gesicht, hauchen ihr Leben ein und geben ihr eine Gestalt. Am Anfang des Buches sitzt sie in Laras Zimmer, im gemütlichen Stuhl, und schaut aus dem Fenster. Lara und sie sind Freunde. Doch als Lara die Freundin mitnimmt zu Opa, Mama und Papa und zu ihren Geschwistern, da wird es immer ungemütlicher. Denn alle beschweren sich über die Zeit, die nicht vergeht, wollen die Zeit totschlagen oder meckern über Langeweile. So beschliesst die Zeit, Laras Zuhause schnell zu verlassen und woanders Unterschlupf zu finden. Auf der Suche nach ihrer Freundin macht Lara Bekanntschaft mit weiteren Redensarten zum Thema Zeit und findet diese schliesslich in einem Park. Doch ob sie dort lange bleiben kann? Ein philosophisches Buch für Kinder und ihre Erwachsenen, eine Geschichte, die zu Gesprächen und zum Nachdenken anregt. Vielleicht kennt ihr auch noch Redewendungen, welche im Buch nicht vorkommen?

Meike Haberstock: Anton hat Zeit, aber keine Ahnung warum. Oetinger

Dieses Buch widmet sich einem Phänomen, welches wir alle kennen: die Zeit läuft nicht immer gleich schnell. Wenn wir auf etwas warten, läuft sie viiiiiel zu langsam, wenn wir etwas Tolles erleben dafür viel zu schnell. Und dann gibt es noch den Unterschied zwischen Erwachsenen und Kindern: Erwachsene sind immer in Eile und alles muss schnell gehen; vor allem am Morgen, wenn alle aus dem Haus müssen. Kinder hingegen nehmen sich einfach so viel Zeit wie sie brauchen. Es gibt ja genug davon, oder? Der sechsjährige Anton versucht dem Zeiträtsel auf die Spur zu kommen. Auch er hat herausgefunden, dass Erwachsene nie Zeit haben und immer drei Dinge gleichzeitig machen, Kinder dafür umso mehr Zeit haben. Besonders am Morgen ist das mit der Zeit eine ziemlich ungemütliche Sache und Mama wird schnell laut. Zum Beispiel dann, wenn Anton sich den Fuss mit blauer Wasserfarbe anpinselt, weil er seinen zweiten Socken nicht findet. Oder wenn das Gürteltier wieder einmal nicht so will wie Anton und die Hose dann immer runterrutscht. Mama schimpft dann mit ihm und findet, er brauche für alles viel zu viel Zeit. Kann das sein? Und ist es wirklich wahr, dass, wenn Anton zu viel Zeit braucht, dann weniger davon für Mama da ist und sie deshalb so hektisch wird? Zum Glück hat Anton einen Opa, mit dem er über alles sprechen und gemeinsam dem Zeiträtsel auf den Grund gehen kann…..

Andrea Palluch/Annabelle Sperber: Die besten Weltuntergänge. Klett.

Die Frage, wie unsere Zukunft aussehen soll, beschäftigt nicht nur Erwachsene, auch Kinder und Jugendliche möchten gerne wissen, wie es in 20, 30, 50 oder 100 Jahren auf der Welt aussieht. Andrea und Palluch und Annabelle Sperber widmen sich in ihrem Buch genau dieser Frage. Sie geben aber keine Antworten, sondern skizzieren 12 Szenarien für unsere Zukunft. Werden wir dereinst ganz ohne Autos auskommen? Wird eine weitere Pandemie unser Leben bedrohen, müssen wir uns mit Dürrekatastrophen herumschlagen oder gelingt es uns doch, die Natur, die Tiere und somit auch uns zu retten und bald mit dem Einklang mit der Natur zu leben? Die beeindruckenden, sorgfältigen Illustrationen laden kleine und grosse Betrachter:innen zum Diskutieren und Philosophieren ein.

Thomas Harding: Future History 2050. Jacoby&Stuart.

Um die Zukunft geht es auch im experimentellen Jugendbuch von Thomas Harding. Doch nicht nur. Gleichzeitig geht es um die Vergangenheit und um die Gegenwart. Doch der Reihe nach: Der Historiker Thomas Harding findet in einem Archiv eine Schachtel mit Tagebüchern. Das wäre noch keine Zeile wert, wenn es sich dabei nicht um Tagebücher aus der Zukunft, genauer gesagt aus dem Jahre 2050 handeln würde. Tagebücher aus der Zukunft? Wie soll das gehen? Und wie kommen die in die Gegenwart? Als nüchterner Mensch, der nur Fakten vertraut, ist Harding natürlich zuerst einmal skeptisch und würde die Schachtel am liebsten gleich wieder vergessen. Doch der Reiz der Tagebücher ist grösser und so macht er sich an die Lektüre- gegen jede Vernunft. Diese Tagebücher bilden nun den eigentlichen Inhalt des Buches. Geschrieben sind sie von einer Jugendlichen im Jahre 2050, die in langen Gesprächen mit ihrer Oma einen Blick in die Vergangenheit, in ihre Kindheit wirft, und so in unserer Gegenwart, bzw. in unserer unmittelbaren Vergangenheit landet und sich in der Geschichte nach vorne arbeitet, bis sie schliesslich wieder im Jahr 2050 landet. Entstanden ist ein spannendes Portrait unserer Gegenwart, ein Blick von aussen auf unser Leben und ein Blick in die Zukunft, ein Szenario, wie diese aussehen könnte, wenn wir den Klimawandel nicht ernst nehmen. Was das Buch besonders beeindruckend und lesenswert macht, ist die Tatsache, dass darin sowohl Kopien von wichtigen Dokumenten wie Briefen oder Vereinbarungen enthalten sind, als auch Flyer oder Plakate für Produkte, welche es erst in der Zukunft geben wird- aufwändig und äusserst glaubhaft gestaltet vom Grafikdesigner Florian Toperngpong. Die ganze Geschichte gewinnt durch diese -angeblichen- Original-Dokumente und zeitgeschichtlichen Notizen an Glaubwürdigkeit und geben ihr eine weitere originelle Ebene.

Femi Fadugba: The upper World. CBJ

Wer den Klappentext dieses Buches liest, denkt zuerst an einen Fantasy- oder Science-Fiction- Thriller wie es viele gibt. Doch ‘The Upper World’ ist viel mehr- ein vielschichtiger, spannender Roman, eine Geschichte, welche mit der Zeit spielt, aber ganz anders als erwartet. Die Hauptfigur ist Esso, ein Teenager, welcher in einem Problemviertel in London aufwächst, und vor allem damit beschäftigt ist, nicht in Bandenkriege zu geraten und auch sonst allen Problemen so gut als möglich aus dem Weg zu gehen. Leider gelingt ihm das mehr schlecht als recht und er schafft es, in einer Woche zwei Schulverweise zu kassieren, was einen riesigen Streit mit seiner Mutter nach sich zieht. Teil dieses Streits ist auch Essos Vater, über den die Mutter noch nie etwas erzählt hat, sehr zum Leidwesen von Esso. Nach dem Streit findet Esso in seinem Zimmer plötzlich Notizbücher seines Vaters, eine Art Tagebücher. Die Aufzeichnungen darin sind jedoch sehr kryptisch. Er schreibt von einer ‘Upper World’, einer Welt, die sich über der ‘richtigen’ Welt befindet. Wer in diese Welt gelangt, kann ein Stück in die Zukunft blicken und – zurück in der echten Welt- vielleicht noch einiges ausrichten, dass diese Zukunft sich ändert. Science Fiction, Hirngespinste, Grössenwahn? Keineswegs! Essos Vater hat sich mit Quantenphysik beschäftigt und mit dem Phänomen von Zeitreisen, an welche auch berühmte Wissenschafter wie Albert Einstein geglaubt haben. So ist «The Upper World» also nicht in erster Linie ein Science Fiction-Thriller, sondern eine gelungene Mischung aus Jugend- und Sachbuch, eine Geschichte über das Erwachsen werden, Freundschaft und die erste Liebe. Erzählt wird die Geschichte aus zwei Perspektiven, immer wieder unterbrochen durch Ausflüge in die Welt der Quantenphysik, welche einem anhand von Beispielen möglichst einfach zu erklären versucht wird. Ein wirklich aussergewöhnliches und lesenswertes Jugendbuch!

Veröffentlicht am 13.02.2022

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